Waldbau heute: Dem Klimawandel trotzen!

Die Sommer werden seit Jahren heißer und die Trockenperioden länger. Das versetzt den Wald in Dauerstress. Die Schäden sind auch für Laien sichtbar: Lichte Kronen, abgestorbene Äste und Bäume sind deutlich zu erkennen.

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Götz Graf Bülow von Dennewitz, Forst BW, Forstbezirksleiter für den Schönbuch, Gemeinsamer Vertreter von ForstBW und Landesforstverwaltung im Landesjagdverband und Beisitzer im Beirat der KJV Tübingen, erläutert im Gespräch die Strategie der Forstverwaltung, mit der der Naturpark Schönbuch vor den Toren Tübingens für die Hitze und Trockenheit gerüstet wird.

Graf Bülow, müssen wir befürchten, das ausgedehnte Waldgebiet Schönbuch zu verlieren?

Ganz klar nein! Diese Befürchtung ist aus heutiger Sicht unbegründet. Allerdings müssen wir den Umbau des Waldes mit Hochdruck weiter vorantreiben. Das heißt, wir müssen weiter ganz konsequent dafür sorgen, dass heimische Baumarten heranwachsen, die Hitze und Trockenheit gut verkraften.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang „weiter“?

Hier muss ich ein wenig in der Zeit zurückgehen, damit das deutlich wird. Der Schönbuch ist seit Jahrhunderten im Wandel. Noch vor 200 Jahren war er ein sogenannter Weidewald. Das heißt die umliegenden Gemeinden hatten das Recht, den Wald als Weide zu nutzen. Zudem wurden Rechte vergeben, um Bau- und Feuerholz einzuschlagen. Diese Rechte wurden allerdings grob missachtet.  Die Konsequenz war, dass der Schönbuch im Vergleich zu heute etwa zwei Drittel weniger Holzbestand hatte. Erst als die Rechte abgelöst wurden, wuchs der Bestand wieder an.

Aber auch Schneebruch zerstörte riesige Flächen und Reparationsleistungen aus den Weltkriegen wurden durch Holzeinschlag abgeleistet. Das reduzierte den Bestand erheblich. In den allermeisten Fällen wurden die freien Flächen wieder mit schnell wachsenden Fichten aufgeforstet. Diese haben nun die größten Schwierigkeiten mit dem wärmeren und trockenen Klima.

Ein Wendepunkt im Schönbuch waren die Sturmereignisse Lothar und Wiebke in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Besonders Fichtenmonokulturen wurden von den Stürmen niedergeworfen. Im Nachhinein betrachtet waren diese wirtschaftlichen Katastrophen Glücksfälle für den Wald. Denn die freien Flächen wurden schon damals gezielt als Mischwald oder in der Naturverjüngung aufgeforstet. Diese Bestände sind gegen Hitze und Trockenheit resistenter als die Monokulturen. Daher sage ich in diesem Zusammenhang, dass wir den Waldumbau im Schönbuch weiter, hin zum Mischwald, mit mindestens vier unterschiedlichen Baumarten auf der jeweiligen Fläche, betreiben müssen.

Was bedeutet dies in Zahlen ausgedrückt?

In den 1970er Jahren bestand der Schönbuch zu zwei Dritteln aus Fichtenmonokulturen und Kiefernwäldern und machte damit seinem Namen damit keine Ehre. Heute haben die Nadelhölzer Fichte und Kiefer noch einen Anteil von knapp 30 Prozent. Die Hauptbaumart ist heute wieder die Buche. Allerdings hat auch die Buche in vielen Bereichen des Schönbuchs inzwischen Probleme. Besonders auf felsigem und tonhaltigem Boden sowie auf wechselfeuchten Standorten leidet die Buche zunehmend.

Worauf müssen Sie heute Ihr Augenmerk beim Waldumbau legen?

Das System Wald ist sehr stark von gegenseitigen Abhängigkeiten geprägt. Der Waldumbau hin zum Mischwald kann nur gut gelingen, wenn viele unterschiedliche Baumarten eine Chance haben hochzukommen. In der Fichten-Monokultur gelingt das ebenso wenig wie in einem reinen Buchenwald. Denn Buchen verjüngen Buchen und dichte Fichtenbestände lassen kein Licht für den Nachwuchs. Also müssen wir hier eingreifen und der Natur auf die Sprünge helfen, indem wir zum Beispiel vermehrt auf die Douglasie, den Ahorn, die Eiche oder Hainbuche setzen. Dabei müssen wir darauf achten, dass die jungen Bäumen durch Freistellungen genug Licht bekommen um rasch aufzuwachsen und dann dafür sorgen, dass sie nicht vom Rehwild und von Hirschen gefressen werden.

Können Rehe und Hirsche den Waldumbau ernsthaft gefährden?

Einfache Frage, klare Antwort: Ja! Sowohl das Rotwild als auch das Rehwild vermehren sich in offenen Wäldern besonderes gut. Und das ist das Problem, denn die Triebe und Knospen der jungen Bäume sind Leckerbissen für das Rehwild und Ersatznahrung für das Rotwild. Besonders dann, wenn geeignete Wiesen fehlen oder wenn die natürliche  Nahrungsaufnahme auf den freien Flächen durch Waldbesucher und ggf. durch eine falsche Art der Jagdausübung zu stark gestört wird. Wir sprechen dann von sogenannten Verbissschäden.

Wie vermeiden Sie den Verbiss?

Der Verbiss kann nur durch die konsequente und gezielte Jagd verhindert werden. Alle anderen technischen Mittel sind sehr teuer und/oder nur begrenzt wirksam. Das heißt, wir müssen durch Jagd den Wildbestand von Reh und Hirsch regulieren. Der Verbiss muss so gering bleiben, dass der Mischwald gut aufwachsen kann. Im Forstbezirk Schönbuch sind dafür etwa 160 mithelfende Privat-Jäger für den Forst BW im Einsatz. Der Waldumbau hängt ganz wesentlich davon ab, dass diese Frauen und Männer weiterhin den Auftrag ernst nehmen und mit Leidenschaft umsetzen. Dann gelingt der Waldumbau weiterhin und der Schönbuch kann als Wald erhalten werden.