Seit Frühjahr 2007 ist Stephanie Kerger Hundeobfrau bei der Kreisjägervereinigung Tübingen. Im Gespräch erläutert sie die Grundlagen einer modernen sach- und fachgerechten Jagdhunde-Ausbildung.
Frau Kerger, was hat sich am Einsatz und der Haltung von Jagdhunden über die Zeit hinweg geändert?
Der Jagdhund war früher meist ein Zwingerhund und das Verhältnis von Herr und Hund von purer Dominanz geprägt – Freiheiten gab es kaum. Seine Aufgabe war bei der Jagd zu helfen – nicht mehr und nicht weniger. Ein Beispiel: Hunde wurden zur Schärfe erzogen. Diese war nicht nur gegen Raubwild, sondern eben auch zum Schutz des erlegten Wildes gegen tierische und menschliche Räuber gerichtet. Daher mussten sie auf den Führer konzentriert sein – keiner durfte sich ihm oder dem Wild ungestraft nähern.
Das ist sicherlich ein krasses Beispiel, macht aber die Veränderung deutlich. Was ist heute ein typischer Jagdhund?
Die allermeisten Jagdhunde leben im Haus oder der Wohnung im Familienverbund und unterstützen den Jäger im Waidwerk.
Kann das gelingen?
Ja! Es braucht Geduld, Fleiß, Konsequenz, Sachverstand und Empathie, die sich auf den Hund bezieht. Denn Jagdhunde sind über Generationen zu tüchtigen, selbstbewussten und aktiven Hunden gezüchtet worden. Gelingt die Erziehung nicht, hat keiner Freude.
Wie sieht die Erziehung aus?
Das Wichtigste ist, dass der Hundeführer weiß, wie sein Hund tickt und wie er lernt. Dies bedeutet, dass im ersten Schritt der Führer lernen und verstehen muss. Im Zusammenspiel mit dem Hund muss dann im zweiten Schritt herausgefunden werden, wie Hund und Herr rasch und sicher zum Ziel kommen. Dabei ist es wie im echten Leben, meist gibt es nicht die eine allein seligmachende Lösung. Im dritten Schritt sorgt der Führer dafür, dass der Hund das gewünschte Verhalten auch beibehält und nichts vergisst.
Was ist die Rolle des Trainers?
Am Anfang erkläre ich viel, wie der Hund lernt, wie seine Entwicklung ist und wie Gewünschtes gefördert und unerwünschtes Verhalten verändert werden kann. Bis auf wenige und ungewöhnliche Fälle kann ich behaupten, dass junge Hunde mit einer sachgerechten Erziehung zu einem jagdlich brauchbaren und wohlerzogenen Hund ausgebildet werden können. Das bedeutet üben, üben, üben und fordert immer Präsenz, sprich die Konsequenz des Führers – immer. Die Binsenweisheit „Wie der Herr, so der Hund“ gilt uneingeschränkt.
Was heißt Konsequenz ganz praktisch?
Gerade Junghunde testen immer wieder aus, wer Chef ist – egal ob das Kameraden oder Menschen sind. Dabei zeigen viele körperliches Dominanzverhalten. Da heißt es dann dagegenhalten, sofort und konsequent – auch körperlich – und hundegerecht. Schlagen und so weiter, um Schmerzen zu verursachen, schadet – immer!
Sie betonen die Konsequenz und vergessen Freiheit?
Dem Hund muss klar sein, wer der Herr ist. Freiheit kann der Hund nur haben, wenn er seine Grenzen kennt. Wohlerzogene Hunde sind deshalb verträglich und können frei laufen, weil sie immer auf den Führer und seine Befehle achten.
Lohnt der Aufwand?
Was für eine Frage! Hunde gehören zur Jagd – ohne Wenn und Aber. Und der Spruch „Jagd ohne Hund ist Schund“ gilt immer. Jeder Jäger muss einen ausgebildeten Jagdhund zur Verfügung haben. Mitglieder der KJV können auf geprüfte und damit brauchbare Hunde zurückgreifen – ohne selbst einen Hund zu halten.
Zurück zur Frage: Die Arbeit mit Hunden ist Abwechslung vom Alltag, körperlich sowie geistig fordernd und erfüllend. Kennen Sie den Spruch von Loriot über Hunde? Mehr muss dazu nicht gesagt werden!
Das Gespräch führte Heiko Schwöbel.