Es brauchte lange Zeit, bis ich eine endgültige Entscheidung getroffen hatte. Innerlich war ich immer wieder hin- und hergerissen, ob ich nicht den einfacheren Weg einschlage und mir statt mit 60+ das Lernen nochmals anzutun doch lieber meine Freizeit genieße. Aber irgendwas wollte ich machen, denn wer rastet, der rostet, heißt es ja so schön. Wie ich auf das Jagen gekommen bin? Mein Mann ist bereits Jäger und die Natur und ihre Vielfalt haben mich schon immer fasziniert. Im Wald fand ich immer Ruhe, Zufriedenheit – Abstand vom Alltag. Also warum nicht etwas tun, das mein Wissen über diese faszinierende Welt bereichert?
So hatte ich mich im Vorfeld intensiv mit der Auswahl meiner Ausbildungsstätte und über die Ausbildungsverfahren auch bei privaten Jagdschulen erkundigt, da dort die Ausbildungszeit kürzer ist. Wohlüberlegt kam ich zu dem Entschluss, dass doch die Kreisjägervereinigung Tübingen der richtige Anbieter für mich ist und habe mir gesagt: „Es sind nur Monate und nicht Jahre des Lernens.“ Auch hat mich dann noch ein persönliches Gespräch mit Uli und Thomas bei der 100-Jahr-Feier in Bebenhausen bestärkt, dieses Angebot anzunehmen.
Beim ersten Treffen habe ich auch noch Jägerinnen und Jäger aus dem letzten Kurs kennengelernt, die alle von der Ausbildung begeistert waren. Bei dieser Veranstaltung war dann auch die Altersstruktur der Kursteilnehmenden in meinem Kurs erkennbar. Insgesamt waren wir zwei weibliche Teilnehmerinnen und sonst waren überwiegend Jungs dabei, deren Mutter oder sogar Oma ich hätte sein können. Nichtsdestotrotz war mein Motto: Das ziehe ich nun durch!
Zu Beginn hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommt. Neu für mich waren vor allem Themen wie Waffenhandhabung, Munition und Schießübungen. Besonders herausfordernd war auch das Aufbrechen des Wildes. Man gelangt während des Kurses auf jeden Fall an seine Grenzen und wächst auch über sich hinaus. Wir lernten wichtige Lektionen, denn auch beim Jagen gelangt man an seine psychischen Grenzen.
Die Wochenenden waren nun mit Kursbesuchen von Freitag bis Sonntag ausgefüllt. Da ich noch in Teilzeit arbeite war es mir möglich, an den freien Tagen den Stoff nachzuarbeiten. Das musste ich auch, denn man muss unbedingt an der Sache dranbleiben und ich merkte, dass mir das Lernen in meinem Alter doch nicht mehr so leicht von der Hand ging.
Die Ausbildung ist anstrengend und bedeutet auch, dass es in dieser Zeit kaum etwas Anderes gibt. Nur eines steht im Vordergrund: „Die Teilnahme am Kurs sowie das Lernen und Nacharbeiten“ vor allem aber – durchhalten! Ich bewundere daher meine Mitstreitenden, die neben der Arbeit, dem Studium und dem Familienleben dies noch parallel geschafft haben! Gegenseite Bestärkung innerhalb des Kurses und der Rückhalt und das Verständnis der Familie sind ebenfalls besonders wichtig und motivierend.
Besonders hervorheben möchte ich den einzigartigen Einsatz, die Geduld und die Betreuung der Ausbilder. Das, was wir nicht auf Anhieb konnten, wurde uns in einem Sondertraining beigebracht. Deine Schwächen werden erkannt, mit modernster Technik analysiert und anschließend wird nach Möglichkeiten gesucht, die dich zum Ziel führen. Man wird nicht alleine gelassen. Es ist spürbar, dass das gesamte Team bestrebt ist, dass alle den Kurs bestehen. Aber auch die eigene Disziplin und das Annehmen der freiwilligen Angebote sind von großer Bedeutung.
Die KJV Tübingen kann stolz sein, dass sie über ein so ein engagiertes, gebildetes und erfahrenes Ausbildungsteam verfügt.
Abschließend muss ich sagen, dass die Zeit des Lernens absehbar ist. Das, was ich dazugelernt habe, welche Erfahrungen ich machen durfte und mich selbst über meine Grenzen hinauswachsen zu sehen, ist eine Bereicherung, die ich nicht missen möchte. Die Zeit war intensiv, aber die bestandene Prüfung wird unser Leben prägen.
Rainer Maria Rilke sagte einmal: „Dass etwas schwer ist, muss ein Grund mehr sein, es zu tun.“ Dieser Spruch war mein tägliches Mantra und hat mich motiviert weiter zu machen und nicht aufzugeben, egal wie steinig es auch manchmal war.
Mich bei der KJV Tübingen anzumelden war genau der richtige Weg. Die Inhalte, die uns vermittelt wurden, verdeutlichten nochmals wie wichtig die Natur und ein gut funktionierendes Ökosystem für uns sind! Die Natur gibt uns so vieles und es sollte unser oberstes Gebot sein, diese zu wahren und zu schützen.
Waidmannsheil!
Anita









